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Westhofen an der Nahe?! HENRIS im Gespräch mit Anne Dönnhoff

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TEXT Nick Pulina I FOTOS Anne Dönnhoff

Wie herausfordernd das Weinjahr 2024 für viele Winzerinnen und Winzer in Deutschland war, ist inzwischen hinlänglich bekannt. Besonders die Spätfröste im April, die in zahlreichen Regionen wie der Saar, Sachsen oder Saale-Unstrut zu teils dramatischen Ernteausfällen führten, dürften vielen in Erinnerung bleiben. Auch die Nahe blieb nicht verschont und sah sich mit Schäden konfrontiert, wie sie seit Jahrzehnten nicht mehr aufgetreten sind.

Besonders hart getroffen hat es das Spitzenweingut Dönnhoff in Oberhausen (fünf Trauben rot). Doch Krisen fördern nicht nur die Kreativität, sie können auch den Zusammenhalt unter Kolleginnen und Kollegen stärken. Ein charmant skurriles Beispiel dafür präsentierte das Weingut unlängst auf der Mainzer Weinbörse: Dönnhoff-Ortsweine, gekeltert aus Trauben aus dem rheinhessischen Westhofen und dem pfälzischen Wachenheim. Wir haben genauer nachgefragt.

Frau Dönnhoff, wie wurde Ihr Weingut von den Frösten getroffen?

Genau vor der letztjährigen Weinbörse, um den 20. April herum, hatten wir drei Tage lang Frost an der mittleren Nahe. Wir konnten da schon erkennen, dass uns ein massiver Schaden bevorstehen und uns kaum ein gesunder Trieb bleiben würde. Und das, obwohl vor allem unsere großen Lagen eigentlich als frostsicher gelten. Mein Schwiegervater Helmut, der das Weingut vor meinem Mann Cornelius jahrzehntelang geführt hat, sagte auch, er habe so etwas noch nie erlebt.

Was war Ihre erste Reaktion?

Wir waren natürlich schockiert. Aber es bringt ja auch nichts, den Kopf in den Sand zu stecken. Cornelius ist auf der Abendveranstaltung vor der Weinbörse 2024 zufällig mit Nicola Libelli vom Weingut Dr. Bürklin-Wolf und Philipp Wittmann ins Gespräch gekommen. Und sie haben ihm dann gesagt: „Wenn ihr Trauben braucht, sagt Bescheid, wir können da was machen.“ Im Grunde war das ein freundschaftliches Händereichen.

… das Sie angenommen haben?

Wir haben uns zusammengesetzt und sind schnell zu dem Schluss gekommen, dass wir die Idee spannend finden. Warum auch nicht? So etwas kommt im deutschen Weinbau ja nur sehr selten vor. Und auch die Idee, an Philipps Trauben aus Rheinhessen und Nicolas Trauben aus der Pfalz unsere Handschrift auszuprobieren, hat uns gereizt.

Und dann haben Sie die Trauben gekauft?

Nicola und Philipp haben uns jeweils zwei Parzellen überlassen und über den Sommer erst einmal ganz normal mitgepflegt. Und im Herbst sind wir dann mit unserer eigenen 80-köpfigen Lesemannschaft angerückt, haben erst bei Wittmann Trauben für knapp 3.000 Liter Most gelesen, danach das Gleiche bei Bürklin-Wolf. Die Weine haben wir dann so vinifiziert, wie wir das auch mit eigenen Trauben gemacht hätten. Das Endergebnis sind nun unsere drei Ortsweine aus ganz unterschiedlichen Regionen: ein Westhofener aus Rheinhessen, ein Wachenheimer aus der Pfalz und ein Schlossböckelheimer aus unseren eigenen Lagen an der Nahe. Da sind übrigens alle gesunden Trauben aus unserer Großen Lage Felsenberg hineingeflossen. Ein GG wird es aus dieser Lage im Jahrgang 2024 daher auch nicht geben.

Das klingt wie der Start eines spannenden Projekts.

Fürs Erste möchten wir das als einmaliges Freundschaftsprojekt betrachten, das vor allem etwas für besondere Liebhaber ist. Da steckt ja auch so viel Symbolik in der Sache: Man steht füreinander ein, wenn es bei dem anderen mal schlecht läuft. Abgesehen von der selbstlosen Hilfe von Philipp und Nicola war es aber natürlich auch ein spannendes Weinbau-Experiment. Hier ging es wirklich um Terroir und dessen Interpretation, auch von Weinbergen, von denen man nicht wirklich eine Ahnung hat. Schlussendlich sind jeweils zwei Stückfässer dabei herausgekommen, da kannst du ja auch nicht wirklich etwas verschneiden. Der Wein steht am Ende ziemlich unverfälscht so da, wie wir ihn aus dem Weinberg geholt haben.

Was sagen Philipp Wittmann und Nicola Libelli zu Ihren Weinen aus den eigenen Trauben?

Sie haben sich beide sehr gefreut, wie gut die ganze Aktion gelaufen ist und dass am Ende vor allem auch Weine dabei herausgekommen sind, die wirklich eigenständig und für sich genommen auch wirklich gut geworden sind. Als Dankeschön für ihre Hilfe sind beide Betriebe als Gäste bei unserer Jahrgangspräsentation (Anm. d. Red.: 30.05.-01.06.) dabei. Da kann man dann nochmal alle drei Weine und vor allem auch die anderen Weine der Betriebe probieren und vergleichen. Das wird richtig spannend.

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